Produktionsverfahren

Zubereitungen mit Immunglobulinen werden in mehreren sehr aufwändigen Verfahren hergestellt, wobei der individuelle Herstellungsprozess von Präparat zu Präparat und von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich ist und auch vom späteren Verwendungszweck abhängt. Ihre Herstellung ist jedoch in vielen Punkten sehr ähnlich. Im Folgenden wird der typische Herstellungsprozess eines Immunglobulinpräparats dargestellt.

Im menschlichen Körper befinden sich die meisten Antikörper im Blutplasma. Dieses gewinnt man durch Blut- oder Plasmaspenden. Für die Immunglobulin-Präparate selber wird das Plasma von mindestens 1.000 Spendern miteinander vermischt. Dadurch werden alle Antikörper gegen Bakterien, Viren, Giftstoffe und andere krankmachende Stoffe in einem Präparat vereinigt.

Hergestellt werden Immunglobulin-Präparate in einem vierstufigen Verfahren. Dieses besteht aus der Gewinnung des Plasmas, dem Zusammenführen und Testen der Plasmen, dem Reinigen und Konzentrieren der Immunglobuline sowie den abschließenden Überprüfungen der fertigen Arzneimittel.

Die Plasmagewinnung

Gewonnen werden kann das Plasma, in dem die Immunglobuline enthalten sind, entweder durch eine Blutspende oder durch die so genannte Plasmapherese. Bei der Plasmapherese wird dem Spender Blut entnommen und mit Hilfe einer Maschine in Plasma und Blutkörperchen getrennt. Die nicht benötigten Blutkörperchen werden anschließend wieder in den Blutkreislauf des Spenders zurückgeführt.

Einrichtungen, in denen Plasma gespendet wird, unterliegen strengen Sicherheitskriterien, die regelmäßig überprüft werden. Auch die Plasmaspender selbst werden stets von einem Arzt untersucht. Darüber hinaus sind Personen, die ein erhöhtes Risiko haben, an einer über das Blut übertragbaren Krankheit zu leiden, nicht zu einer Spende zugelassen.

Neben dieser ersten Sicherheitsmaßnahme werden die Spenden nach der Entnahme auf Antigene des Hepatitis-B-Virus (HBs) sowie auf Antikörper gegen HIV (menschliches Immunschwäche-Virus) und Hepatitis-C-Viren (HCV) untersucht. Erst danach sind sie zur weiteren Verwendung freigegeben.

Zusammenführen und Testen der Plasmen

Bevor das gespendete Plasma weiter verarbeitet werden darf, muss es zur Sicherheit mindestens 60 Tage gelagert werden. Anschließend werden die einzelnen Spenden in einem großen Plasma-Pool zusammengeführt. So enthalten die einzelnen Präparate ein breites Spektrum an Antikörpern. In einem anschließenden Verfahren wird nochmals getestet, ob sich HI-Viren, Hepatitis-A-Viren (HAV), Hepatitis-B-Viren (HBV), Hepatitis-C-Viren oder Parvoviren (B19) in den Präparaten befinden. Ist dies der Fall, werden die Plasma-Präparate gesperrt.

Reinigen und Konzentrieren der Immunglobuline

Immunglobulin-Präparate werden in einem mehrstufigen Verfahren gewonnen: Zu Beginn werden durch Alkohol bestimmte Eiweiße sowie verschiedene Immunglobuline aus dem Plasma herausgelöst, um den Anteil des Immunglobulin-G zu erhöhen. Weitere Eiweiße, außer Immunglobulin-G, sowie Plasmafette und verschiedene Erreger werden anschließend beispielsweise mit Hilfe von Octansäure abgetrennt und herausgefiltert.

Durch die Lagerung bei einem niedrigen pH-Wert für einige Zeit werden die Fettschichten und Eiweißhüllen der Viren irreparabel geschädigt und die Viren unschädlich gemacht.

Mit einer speziellen Filtration werden danach eventuell noch vorhandene Viren und verschiedene Eiweiße, zum Beispiel das Immunglobulin-M, aus dem Plasma gelöst. Anschließend wird das Präparat in seine unterschiedlichen Bestandteile geteilt und nahezu alle Immunglobuline-A, die restlichen Immunglobuline-M und andere Inhaltsstoffe entfernt (Chromatographie).

In einem letzten Schritt werden mit Hilfe äußert feiner Filter, sogenannter Nanofilter, noch verbliebene kleine Partikel entfernt. Die Filterporen haben eine Größe von etwa 20 Nanometern. Ein menschliches Haar ist etwa 3.500 Mal dicker. Zur Inaktivierung von Viren werden auch andere Verfahren eingesetzt, so die Erzeugung hoher Temperaturen mittels Dampfbehandlung, die Trockenerhitzung oder die Pasteurisierung (Erhitzen in wässriger Lösung auf 60°C für mehrere Stunden).

Bei den verschiedenen Herstellern von Immunglobulin-Präparaten kann die Reihenfolge und Nutzung der einzelnen Verfahren unterschiedlich sein. Dass ihre Verfahren sicher sind, müssen die Hersteller mit Modell-Viren beweisen. In einem Labor wird ein Immunglobulin-Präparat aus der Produktion mit einer bestimmten Menge von Modell-Viren vermischt. Anschließend durchläuft es noch einmal den Herstellungsprozess, der in Miniaturformat im Labor nachgebaut ist. Nach Ablauf des Versuchs wird geprüft, in welchem Ausmaß die im Herstellungsprozess verwendeten Maßnahmen die Viren unschädlich gemacht haben.

Abschließende Überprüfungen der fertigen Arzneimittel

In einem letzten Schritt werden die Immunglobuline noch einmal in der Firma überprüft. Anschließend werden die Präparate von einer unabhängigen Prüfstelle, in Deutschland dem Paul-Ehrlich-Institut, begutachtet. Wenn dies keine Mängel entdeckt, gibt es die Immunglobuline für die Behandlung von Patienten frei.